Auf zwei Tausendstel genau …

Mit seinem wirklichen Namen «Sigrist» etablierte sich der Schweizer Maler Guido Sigriste Ende des 19. Jahrhunderts in Paris. Er studiert die Galoppbewegungen der Pferde, um diese möglichst naturgetreu in seinen historischen Schlachtgemälden darstellen zu können. Da es damals keine Kamera mit ausreichend kurzer Verschlusszeit gab, entschied er selbst eine solche zu konstruieren.

Guido Sigriste befasste sich in der Folge mit wissenschaftlicher Fotografie und entwickelte eine neuartige Kamera, für die er am 17. November 1898 ein Schweizer Patent und an der Weltausstellung 1900 in Paris eine Goldmedaille erhielt. Mit zwei Teilhabern gründet er eine Aktiengesellschaft für die Herstellung von Hochleistungskameras mit Sitz in Neuilly. Die ersten Kameras kommen 1902 auf den Markt, danach gab es sie in verschiedenen Formaten, darunter auch eine Stereokamera, bevor die Firma bedingt durch den schlechten Geschäftsgang 1906 ihre Tätigkeiten einstellen musste.

Das von Sigriste entwickelte Verschlussprinzip war zu seiner Zeit eine technische Revolution. Der spezielle Schlitzverschluss ist lichtgeschützt in zwei Balgen gefasst und «rast» beim Auslösen über die Platte. Die Verschlusszeit wird einerseits durch die Ablaufgeschwindigkeit des Verschlusses reguliert, anderseits durch die Breite des Schlitzes, bzw. Durch die Distanz zwischen dem ersten und dem zweiten Verschlussvorhang. Auf diese Weise kann ein grosser Bereich von Belichtungszeiten angewählt werden, die über eine Tabelle an der Kamera eingestellt werden können.

Illustration:
Foto-Feldstecher Sigriste, Sigriste-Oultremont-Liquerque, Paris, um 1900. Für ein Plattenformat von 9×12 cm. Schlitzverschluss mit veränderbarer Schlitzbreite. Verschlussgeschwindigkeit von 1/40 bis 1/2000 Sekunde. Gehäuse in lackiertem Nussholz mit Saffianleder ummantelt.